Verlieren oder Integrieren wir die GenZ und damit die Demokratie?

Wie die Demokratie ihre Bürger verlor – und wie Russland und China extreme Parteien instrumentalisieren, um westliche Gesellschaften zu spalten

Es scheint, als habe die Demokratie in der westlichen Welt einen dramatischen Bruch erlitten. Einst unerschütterliche Bastion der Freiheit und Selbstbestimmung, erodiert sie zunehmend unter dem Druck des Vertrauensverlusts, einer tiefen Spaltung der Gesellschaft und dem perfiden Einfluss äußerer Mächte. Russland und China, zwei autoritäre Staaten mit unterschiedlichen ideologischen Wurzeln, haben sich in jüngster Zeit als Meister der Desinformation hervorgetan. Sie wissen um die Sprengkraft, die in der Destabilisierung westlicher Demokratien liegt, und setzen gezielt auf extreme und rechte Parteien, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu zersetzen. Inmitten dieser geopolitischen Schachzüge steht der Westen, dessen politischer Diskurs zunehmend von Polarisierung und radikalen Kräften geprägt ist.

Der Bruch: Wie die Demokratie ihre Bürger verlor

Das Herzstück jeder Demokratie ist das Vertrauen der Bürger in ihre Institutionen und in die Repräsentanten, die sie gewählt haben. Doch genau dieses Vertrauen scheint zunehmend zu schwinden. In Europa wie in den USA hat sich eine gefährliche Kluft aufgetan: Zwischen der politischen Elite und weiten Teilen der Bevölkerung. Bürger, die sich einst sicher glaubten, fühlen sich nun vernachlässigt und abgehängt. Der soziale und wirtschaftliche Wandel, beschleunigt durch Globalisierung, Digitalisierung und Migration, hat viele in Unsicherheit gestürzt. Während die politische Klasse weiterhin von offenen Märkten und multikulturellen Gesellschaften spricht, haben viele Bürger das Gefühl, dass ihre Interessen von der Agenda der Eliten ignoriert werden.

Die Gründe für diese wachsende Entfremdung sind vielfältig. Ein wesentlicher Faktor ist der ökonomische Wandel. Traditionelle Industriezweige wurden ausgelagert, einst gut bezahlte Jobs sind ins Ausland gewandert, und die neuen Jobs der globalen und digitalen Wirtschaft sind oft prekär und schlecht bezahlt. Während sich die Einkommen der Oberschicht stetig vermehren, kämpfen immer mehr Menschen am unteren Ende der Gesellschaft ums Überleben.

Gleichzeitig hat die Verbreitung von sozialen Medien die Kommunikationskanäle radikal verändert. Politische Diskussionen, die einst in Parlamenten oder bei Bürgerversammlungen stattfanden, sind heute oft auf algorithmisch gesteuerten Plattformen zu finden, auf denen die lautesten und radikalsten Stimmen die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Das Ergebnis ist eine tiefe Spaltung der Gesellschaft, in der Extreme zunehmend dominieren, während die gemäßigte Mitte schwächer wird.

Besonders auffällig ist diese Entwicklung bei jungen Wählern. Studien der Universität Potsdam zeigen, dass rechtspopulistische Parteien wie die AfD (Alternative für Deutschland) bei jungen Menschen stark an Zuspruch gewinnen. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, da gerade die Jugend traditionell als eher progressiv galt. Doch heute sind viele junge Menschen enttäuscht von den etablierten Parteien, die als abgehoben und elitär wahrgenommen werden. In dieser Frustration finden sie zunehmend in radikalen Parteien eine vermeintliche Alternative .

Die Rolle von Russland und China: Propaganda als Waffe

Russland ist ein Meister der Desinformation und Manipulation geworden. Seit den russischen Interventionen in der US-Präsidentschaftswahl 2016 ist die Welt Zeuge einer neuen Art des Informationskriegs. Über Netzwerke von Bots, Trollen und staatlich gelenkten Medien wie RT (Russia Today) streut der Kreml gezielt Fehlinformationen, die die westlichen Gesellschaften spalten sollen. Russland nutzt die bestehenden Ängste und Ressentiments, um den Unmut gegen das politische Establishment zu schüren. In Europa hat Russland ein besonders fruchtbares Terrain in rechtspopulistischen und extremen Bewegungen gefunden. Parteien wie der französische Rassemblement National, die italienische Lega oder die deutsche AfD teilen oft Narrative, die Russland aktiv verbreitet: Europa sei bedroht – durch Migranten, durch die Eliten in Brüssel, durch den Verfall traditioneller Werte. Putin wird dabei als Verteidiger konservativer Werte und als starker Führer inszeniert, der sich dem moralischen Zerfall des Westens entgegenstellt.

Im Gegensatz zu Russland setzt China weniger auf Chaos und Destabilisierung, sondern auf Einflussnahme durch wirtschaftliche Macht und Soft Power. Die Belt-and-Road-Initiative hat viele europäische Länder wirtschaftlich an Peking gebunden. Doch auch China nutzt gezielt Desinformation, um die westlichen Demokratien zu untergraben. Chinas Staatsmedien zeichnen das Bild einer westlichen Welt, die in Unordnung und Ineffizienz versinkt, während das autoritäre System Chinas als Modell für Stabilität und Erfolg dargestellt wird.

Besonders auffällig ist, dass sich China in jüngster Zeit vermehrt mit den rechten und nationalistischen Bewegungen im Westen verbündet. Auch hier nutzt Peking das Narrativ der Globalisierungskritik und der Rückbesinnung auf nationale Souveränität, um seine Interessen zu fördern. Die Botschaft: Der Westen ist gescheitert, Demokratie ist ineffizient, und nur ein starker Staat kann in der modernen Welt bestehen.

Die digitale Front: Social Media als Schlachtfeld

Der wahre Dreh- und Angelpunkt dieser neuen Art der Propaganda ist die digitale Dimension. Plattformen wie Facebook, Twitter und TikTok, einst als Werkzeuge zur Verbreitung von Wissen und demokratischen Idealen gefeiert, haben sich als perfekte Waffe für die Verbreitung von Desinformation erwiesen. Algorithmen, die auf Engagement abzielen, belohnen Polarisierung: Je kontroverser der Inhalt, desto größer seine Reichweite. Das ist der ideale Nährboden für russische und chinesische Propaganda.

Besonders gefährlich ist dabei, dass die Zielgruppen dieser Desinformationskampagnen oft nicht einmal merken, wie sie manipuliert werden. Junge Wähler in Deutschland, die auf TikTok politische Inhalte konsumieren, könnten unbewusst in eine Spirale aus Desinformation geraten. Ein scheinbar harmloses Video über die Fehler der etablierten Parteien kann der Einstieg in eine radikale Ideologie sein. Russland und China verstehen es meisterhaft, solche Plattformen zu nutzen, um gezielt ihre Botschaften zu verbreiten und dabei das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu untergraben.

Das Handelsblatt beschreibt eindrucksvoll, wie junge Wähler der AfD nach und nach Glauben schenken, dass die Demokratie in Deutschland gescheitert sei. Die etablierten Medien, die sie als Sprachrohr der Eliten wahrnehmen, erscheinen ihnen unglaubwürdig. Stattdessen wenden sie sich den neuen Medien zu, die scheinbar unabhängige Informationen bieten – dabei aber oft gezielt Desinformation aus dem Ausland verstärken .

Konsequenzen: Der demokratische Todeskampf

Die Folgen dieser Propagandastrategien sind weitreichend und gefährlich. Zunächst einmal droht die weitere Schwächung demokratischer Institutionen. Extremistische Parteien, die einst als Randerscheinungen abgetan wurden, finden nun Eingang in den Mainstream. Sie gewinnen nicht nur an Wählerstimmen, sondern auch an Einfluss auf politische Entscheidungen. In einigen europäischen Ländern sind rechtspopulistische Parteien bereits Teil von Regierungskoalitionen, was ihre Fähigkeit, die politische Agenda zu beeinflussen, erheblich stärkt.

Doch die eigentliche Gefahr liegt tiefer: Der fortschreitende Vertrauensverlust in die Demokratie selbst. Wenn Bürger das Vertrauen in Wahlen, Gerichte oder die Presse verlieren, beginnt das demokratische System von innen heraus zu zerfallen. Und genau das ist es, was Russland und China anstreben. Für diese autoritären Staaten ist der Erfolg ihres Modells nur dann garantiert, wenn die Demokratien des Westens scheitern. Ein instabiler, gespaltenener Westen ist für Moskau und Peking nicht nur ein geopolitischer Vorteil – es ist eine Bestätigung ihres autoritären Weges.

Der Ausweg: Die Demokratie zurückgewinnen

Wie können wir also die Demokratie vor dem Verfall bewahren und der Propaganda aus dem Ausland entgegentreten? Eine Lösung wird nicht einfach und auch nicht schnell zu erreichen sein, aber es gibt mehrere Ansätze, die erfolgversprechend sind:

  1. Medienkompetenz fördern: Bürger, vor allem die jüngere Generation, müssen lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen. Schulen sollten Medienkompetenz als festen Bestandteil des Lehrplans einführen und den Umgang mit digitalen Informationen lehren. Nur so können wir sicherstellen, dass junge Menschen sich nicht durch Fehlinformationen manipulieren lassen.
  2. Soziale Medien regulieren: Plattformen wie Facebook und TikTok müssen stärker in die Verantwortung genommen werden. Es reicht nicht, dass diese Unternehmen ihren Profit maximieren, während sie gleichzeitig Desinformation verstärken. Regierungen müssen hier eingreifen und klare Regeln schaffen, wie mit solchen Inhalten umzugehen ist. Brasilien hat gerade eben Twitter (X) verboten, da es unter Elon Musk Neonazi Inhalte verbreitet und nichts dagegen unternimmt. Die EU sollte dringend nachziehen. Gleiches gilt für TikTok. Die Manager, Eigentümer und Shareholder müssen zur Verantwortung gezogen werden. Erst wenn Strafzahlungen hoch genug sind um den jährlichen Profit signifikant zum negativen zu beeinflussen, wird sich etwas ändern.
  3. Vertrauen in Institutionen wiederherstellen: Die Politik muss sich wieder stärker den Sorgen und Nöten der Bürger widmen. Transparenz und Rechenschaftspflicht sind essenziell, um das Vertrauen in die demokratischen Prozesse zurückzugewinnen. Auch wirtschaftliche Ungerechtigkeiten müssen adressiert werden, um den Boden für populistische Bewegungen zu entziehen. Rechte und Extremistische Bewegungen müssen von Machtpositionen ferngehalten werden. Ein AfD Verbotsverfahren in Deutschland  ist lange überfällig.
  4. Internationale Zusammenarbeit stärken: Demokratien müssen enger zusammenarbeiten, um sich gegen Desinformation und Cyberangriffe zu wehren. Der Austausch von Informationen und das gemeinsame Entwickeln von Strategien zur Abwehr von Propaganda sind unerlässlich.

Die Demokratie steht heute vor einer der größten Herausforderungen ihrer Geschichte. Doch sie ist noch nicht verloren. Mit einem gemeinsamen und entschlossenen Einsatz können wir die.

Ein anderer Weg? Yes, we can. 

Als Kamala Harris ihre Kandidatur ankündigte, war ich skeptisch. Während Bidens Präsidentschaft schien sie zu unsichtbar, zu unbedeutend, um eine echte Wirkung zu erzielen. Doch dann änderte sich etwas: Ihre Kampagne begann, etwas zu betonen, das in der heutigen politischen Landschaft oft fehlt – Freude. Und das funktioniert.

Das Versagen der politischen Kommunikation in der Vergangenheit

Ein Blick auf die jüngsten Landtagswahlen in Ostdeutschland zeigt das Dilemma. Der rasante Aufstieg der AfD – nicht nur bei älteren Generationen, sondern auch bei den Jugendlichen – lässt viele Politiker und Experten ratlos zurück. Doch dies ist kein plötzlicher Wandel, sondern das Ergebnis jahrelanger Fehlkommunikation. Die etablierten Parteien, von links bis rechts, haben es verpasst, den Ängsten und Sorgen dieser Wähler effektiv zu begegnen.

In Ostdeutschland dominierte die politische Kommunikation der letzten Jahre durch Angst. Der Diskurs drehte sich um Bedrohungen – sei es durch Migration, den Verlust kultureller Werte oder wirtschaftliche Unsicherheit. Und selbst gemäßigte Parteien griffen diese Themen auf, um ihre Standpunkte zu verteidigen. Diese Rhetorik validierte die von rechtspopulistischen Parteien verbreiteten Narrative und schuf ein Umfeld, in dem Angst und Spaltung an erster Stelle standen. Lösungen oder optimistische Visionen? Fehlanzeige.

Auch die Medien verstärkten diese Botschaften, indem sie sich auf Kriminalität und wirtschaftliche Herausforderungen fokussierten. Wähler, vor allem die desillusionierte Jugend, internalisierten diese Botschaften. Das Ergebnis: eine Gesellschaft, die von Angst und Pessimismus geprägt ist, in der rechtsextreme Parteien das Vakuum ausfüllen, das die etablierte Politik hinterlassen hat.

Eine andere Kampagne: Kamalas Wende zur Freude

Und hier kommt Kamala Harris ins Spiel. Ihre Kampagne unterscheidet sich stark von den düsteren politischen Strategien, die in Ostdeutschland vorherrschen. Anstatt Angst zu schüren, setzt sie auf etwas, das eigentlich simpel erscheinen sollte, aber oft übersehen wird: Sie will die Menschen glücklich machen. Harris und ihr Team verstehen, dass Freude, Hoffnung und Positivität mächtige Antriebe für politische Beteiligung sein können – möglicherweise sogar mächtiger als Angst.

Es erinnert an den Film „Die Monster AG“, in dem die Charaktere entdecken, dass Lachen viel mehr Energie erzeugt als Schreie. Ähnlich setzt Harris auf Optimismus, um eine Generation zu motivieren, die von der Angstpolitik nicht mehr angesprochen wird. Insbesondere die Generation Z reagiert positiv auf ihre Kampagne, die erfolgreich virale Inhalte und positive Botschaften verwendet, um sich von den Angstnarrativen ihrer Gegner abzugrenzen. Ob durch TikTok-Trends oder kulturelle Ikonen – ihre Kampagne spricht eine Generation an, die nicht durch Angst zum Wählen gebracht werden will, sondern durch Inspiration.

Warum Freude und Positivität mächtige Multiplikatoren sind

Wenn man sich aktuelle Studien zur politischen Kommunikation ansieht, wie die der Cambridge University zur Demokratie und Jugend, wird klar, warum Harris‘ Strategie so gut funktioniert. Gen Z und jüngere Millennials haben genug von Weltuntergangsstimmung. Sie wachsen in einer Welt auf, die von Klimawandel, Ungleichheit und sozialer Unruhe geprägt ist. Sie müssen nicht daran erinnert werden, wie schlecht die Dinge stehen – das wissen sie bereits. Was sie wollen, ist Hoffnung, etwas, auf das sie sich freuen können.

Deshalb hat Harris’ Kampagne einen Nerv getroffen. Ihre Botschaften sind weniger darauf ausgerichtet, wogegen man ist, sondern wofür man ist. Es geht nicht nur darum, Trumpismus oder Autoritarismus zu bekämpfen; es geht darum, eine inklusivere, gerechtere und fröhlichere Zukunft zu gestalten. Ihre Fokussierung auf Positivität, Humor und Hoffnung spricht ein emotionales Bedürfnis nach einer besseren Zukunft an. Im Gegensatz zu der Desillusionierung, die den Aufstieg des Rechtspopulismus antreibt, wird Freude zum Gegenmittel.

Natürlich stehen auch Harris Herausforderungen bevor. Die gleiche Cambridge-Studie zeigt, dass gerade junge Menschen eine tiefe Enttäuschung gegenüber der Demokratie empfinden. Viele glauben, dass das System sie im Stich gelassen hat und sind Politikern gegenüber skeptisch, unabhängig davon, wie optimistisch ihre Botschaften sind. Hier muss Harris‘ Kampagne sich weiterentwickeln. Memes und Positivität mögen Aufmerksamkeit erregen, aber sie reichen nicht aus, um Stimmen zu gewinnen. Klare Politiken, besonders zu Themen wie Klimawandel, wirtschaftlicher Ungleichheit und Außenpolitik, sind entscheidend, wenn sie ihre Dynamik aufrechterhalten und die Freude in echte politische Macht umwandeln will.

Freude vs. Angst: Eine neue politische Währung?

Im breiteren Kontext der modernen politischen Kommunikation wirkt Harris’ Kampagne wie ein mutiges Experiment. Kann Freude wirklich eine politische Währung sein, die genauso stark – wenn nicht stärker – ist als Angst? Wenn man die Lehren aus Ostdeutschland zieht, könnte die Antwort Ja lauten. Der politische Ruck nach rechts wurde von Angst angetrieben – Angst vor Migration, Angst vor wirtschaftlicher Unsicherheit, Angst vor kulturellem Verlust. Doch genau diese Angst hat viele Wähler letztlich leer und noch enttäuschter zurückgelassen.

Harris’ Ansatz bietet eine Alternative: Sie verkauft keine Angst, sondern Hoffnung. In einer Welt, die so angespannt und gespalten ist wie die unsere, könnte das die mächtigste Botschaft von allen sein.

Abschließend lässt sich sagen, dass die politische Kommunikation der Vergangenheit zu oft auf Angst fokussiert war. Sie hat politische Debatten nach rechts getrieben und diejenigen entfremdet, die sich nach einer hoffnungsvolleren Vision der Zukunft sehnen. Kamala Harris’ Kampagne bietet einen erfrischenden Ausbruch aus diesem Trend und setzt auf Freude, Hoffnung und Positivität – eine Botschaft, die besonders bei jungen Wählern tief Anklang findet. Die Herausforderung besteht nun darin, auf dieser Grundlage aufzubauen und sicherzustellen, dass der Optimismus von Substanz untermauert wird – denn am Ende mag Lachen eine bessere Energiequelle als Tränen sein, aber es braucht auch eine Richtung. Obama hat das aber auch schon geschafft.

 

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